Die Verwendung von Kennzahlen sollte immer kritisch betrachtet werden. Kennzahlen sind zwar sehr sinnvoll, weil sie bei guter Auswahl wesentliche Entwicklungen sehr schnell aufzeigen. Jedoch neigen viele dazu, bestimmte Kennzahlen überzubewerten. So ist bspw. der Return on Investment (ROI), also der Ertrag aus einer Investition, eine gern genutzte Kennzahl für Investitionsentscheidungen. Jedoch fehlt bei dieser Kennzahl der zeitliche Faktor. Es macht einen Unterschied, ob ich den Ertrag im kommenden Jahr oder erst in zehn Jahren erhalte. Der Kapitalwert hat hier eine deutlich höhere Aussagekraft. Außerdem bleiben Aspekte, wie eine Steigerung der Qualität, der Sicherheit, Umsetzung gesetzlicher Vorgaben und ähnliches, oft unberücksichtigt. Für diese Aspekte existieren zwar oft auch messbare Größen, jedoch sind diese meist schwer bzw. nur mit einigem Aufwand zu erheben, weshalb solche Größen dann gern außerhalb der Betrachtung bleiben. Häufig wird auch mit Scheingenauigkeiten gearbeitet. So werden bei Kennzahlen oft nur die zentralen Einflüsse, aber eben nicht alle berücksichtigt. Viele Kennzahlen haben auch eine statistische oder methodische Ungenauigkeit von einigen Prozent. Die Interpretation der Veränderung um einen Prozentpunkt ist dann nicht mehr sinnvoll. Bei der Verwendung von Kennzahlen muss man sich ebenso immer vor Augen halten, dass hier wenige, wenn auch wichtige, Informationen dargestellt werden. Wer aber nur auf Basis von wenigen Informationen Entscheidungen fällt, muss viel raten und trifft leicht Fehlentscheidungen. Die Verwendung vieler zusätzlicher Informationen wie auch der Gesamtzusammenhang mit anderen Größen und das Umfeld, in dem ein Unternehmen oder ein Bereich agieren, sind daher oft von großer Bedeutung.
Variante 1: | |||
alt | neu | Differenz | |
---|---|---|---|
Umsatz | 300 | 312 | +4 % |
Produktkosten | -80 | -88 | +10 % |
feste Kosten | -200 | -200 | ±0 % |
Gewinn | 20 | 24 | +4 G |
Variante 2: | |||
alt | neu | Differenz | |
---|---|---|---|
Umsatz | 100 | 104 | +4 % |
Produktkosten | -80 | -88 | +10 % |
feste Kosten | -17 | -17 | ±0 % |
Gewinn | 3 | -1 | -4 G |
Eine Konzentration bspw. auf den Umsatz als Kennzahl lässt oft aus dem Auge verlieren, wie sich dazu der Aufwand und damit der Gewinn entwickelt. Wenn bspw. eine Kelterei, die Apfelsaft herstellt, seinen Umsatz um 4 % steigert, schaut das erst einmal positiv aus. Wenn die Kennzahl „Auslastung der Produktion“ von 80 % auf 88 % steigt, klingt das auch erst einmal gut. Eine Steigerung der Auslastung um 10 % bedeutet aber auch eine Steigerung der reinen Produktkosten für die Äpfel und Flaschen um 10 %. Das kann in Ordnung sein. Nehmen wir an, die Kelterei hat einen Umsatz von 300 G und steigert ihn um 4 % auf 312 G. Die festen Kosten für die Maschinen, Gebäude, Löhne & Gehälter der Mitarbeiter usw. sind 200 G. Die Produktkosten für Flaschen und Äpfel steigen von 80 G auf 88 G, dann steigt der Gewinn von 20 G auf 24 G. Das ist soweit in Ordnung. Beträgt der Umsatz aber nur 100 G und steigt auf 104 G, während die festen Kosten bei 170 G verbleiben und die Produktkosten von 80 G auf 88 G steigen, dann sinkt der Gewinn um 4 G. Die Umsatzsteigerung, die wahrscheinlich durch Preissenkungen erreicht wurde, sollte man dann lieber vermeiden und das dann gesparte Geld für sinnvollere Dinge ausgeben, bspw. für Maßnahmen zur Neukundengewinnung, zur Qualitätssteigerung oder zur Erschließung neuer Märkte.