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Definition Vermögensgegenstand

Unter Vermögensgegenständen versteht man Sachen und Rechte, die einen nutzbaren Vermögenswert für ein Unternehmen haben. Dies können Gegenstände, Grund und Boden, aber auch Software, Patente, Markennamen oder auch Rechte, wie aus offenen Rechnungen gegenüber Kunden sein. Selbst recht wenig konkrete Dinge, wie der Kundenstamm, Geschäftsgeheimnisse oder generell der Geschäfts- und Firmenwert gehören unter bestimmten Bedingungen dazu.¹⁾

Definition in Deutschland und Österreich in Deutschland in Österreich

Im Gesetz wird der Begriff genannt, in Deutschland und Österreich aber nicht definiert (z. B. § 246 Abs. 1 HGB in Deutschland, § 201 Abs. 2 UGB in Österreich). In Deutschland wurde der Begriff jedoch durch die Rechtsprechung konkretisiert. An dessen Definition kann man sich in Österreich anlehnen. Dabei wurden drei Hauptprinzipien herausgearbeitet:

  • das Vermögenswertprinzip
  • das Greifbarkeitsprinzip
  • das Prinzip der selbständigen Bewertbarkeit
Diese Hauptprinzipien werden nochmals in Unterprinzipien unterteilt, um diese noch weiter zu präzisieren.

Vermögenswertprinzip

Das Vermögenswertprinzip stellt auf den wirtschaftlichen Nutzen einer Sache oder eines Rechts ab. Habe ich beispielsweise einen Bodenschatz, der aber nicht wirtschaftlich abgebaut werden kann²⁾ oder eine uneinbringliche Forderung, dann haben diese Sachen und Rechte keinen Vermögenswert. Darüber hinaus existieren Unterprinzipien, um das Vermögenswertprinzip weiter zu präzisieren:

  • das Erwerberfiktionsprinzip
    • Würde ein Dritter die Sache oder das Recht erwerben wollen? Ist der Wert also nicht nur aus Sicht des Unternehmers, sondern auch aus Sicht des Marktes vorhanden?³⁾ Bspw. ein Kunstwerk, das für das Unternehmen schick ist, für das jedoch ein Dritter auch beim Erwerb des gesamten Unternehmens keinen zusätzlichen Preis bezahlen würde, erfüllt diesen Punkt nicht.
  • das Prinzip des unternehmensspezifischen Nutzens
    • Ergibt sich ein Nutzen speziell für das jeweilige Unternehmen? Ein vom Unternehmen gebauter, öffentlicher Spielplatz, der vorrangig für den Betriebskindergarten da ist, erfüllt dieses Prinzip. Der gleiche Spielplatz ohne sonstigen betrieblichen Bezug, erfüllt dieses nicht.
  • das Prinzip des längerfristigen Nutzens
    • Besteht ein nachhaltiger Nutzen über mehr als ein Geschäftsjahr? Produktionsmaterial, bspw. flüssige Farbe, erfüllt das Prinzip und ist unter Vorräte auszuweisen, da eine Umwandlung in andere Vermögensgegenstände erfolgt (⇢ fertige Güter ⇢ Forderungen ⇢ Geld). Kostenlose Getränke für die Mitarbeiter erfüllen das Prinzip nicht, da der wirtschaftliche Nutzen, wie glückliche, motivierte Mitarbeiter, eher kurzfristig wirkt.
Grundsätzlich soll ein Vermögensgegenstand für das Unternehmen zukünftige Einnahmen erzeugen. Aktiviert werden soll eigentlich nicht der Gegenstand an sich, sondern der Gegenwert, der damit erzielbar ist, also das zukünftige Einnahmepotential.⁴⁾ Daher erfolgt dann auch die Abwertung uneinbringlicher Forderungen, auch wenn der Rechtsanspruch weiter besteht, oder die Abwertung nicht einsetz- und verkaufbarer Spezialmaschinen, auch wenn sie noch funktionieren.

Greifbarkeitsprinzip

Unter diesem Prinzip verteht man, dass ein wirtschaftlicher Vorteil als Einzelnes erfasst und bewertet werden kann, dass er isolierbar ist.⁵⁾ Es darf nicht so allgemein sein, dass er nur „als Steigerung des Good Will des ganzen Unternehmens in Erscheinung tritt.“⁶⁾ Bei Sachen und Rechten ist dies grundsätzlich zu vermuten. Gegenstände oder Rechte, wie Patente oder Ansprüche auf Zahlungen aus Darlehen und offenen Rechnungen, und die damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteile sind leicht isolierbar. Bei Firmenwissen, guter Lage oder einem Kundenstamm ist die Isolierbarkeit nur schwer möglich. Auch hier gibt es Unterprinzipien, um die Greifbarkeit besser beurteilen zu können:

  • Übertragbarkeitsprinzip
    • Diese Prinzip ist erfüllt, wenn der wirtschaftliche Vorteil, also die Sache, das Recht oder anderes, an einen anderen durch Verkauf, Schenkung o. a., übertragen werden kann. Dies kann auch im Rahmen des gesamten Unternehmens sein.³⁾ Ein Markenname, Forderungen oder ein Kundenstamm können beispielsweise verkauft oder anderweitig übertragen werden. Die persönlichen Kundenkontakte oder persönliches Fachwissen jedoch nicht.
  • Unentziehbarkeitsprinzip
    • Bei der Unentziehbarkeit geht es um die rechtliche als auch die faktische Unentziehbarkeit. Finanziert bspw. ein Unternehmen den Bau oder Ausbau einer öffentlichen Straße, um die Zufahrt zum Unternehmen zu verbessern, so kann dennoch später jederzeit vollständig oder teilweise, z. B. für Lkw, von Behörden die Nutzung untersagt werden. Hier fehlt der Rechtsanspruch auf die Nutzung.⁷⁾ Eine faktische Entziehbarkeit besteht zum Beispiel bei einem Becken oder See, bei dem Wasser über einen natürlichen Zu- und Abfluss in das und aus dem Becken gelangt. Kann das Wasser selbständig abfließen, ist eine faktische Entziehbarkeit gegeben. Wird das Wasser dagegen in einem Tank gelagert, ist das nicht der Fall und das Wasser kann unter Vorräte erfasst werden. Ein weiteres Beispiel für eine faktische Entziehbarkeit ist die Werbekampagne, da hier der wirtschaftliche Nutzen, die gewonnene Kundschaft, schnell und unkontrolliert wieder verschwinden kann.⁸⁾
  • Selbständige Verwertbarkeit
    • Dieser Punkt liegt vor, wenn ein Nutzungsvorteil durch Verkauf, Nutzungsüberlassung, bedingtem Verzicht oder anderweitig bspw. zu Geld gemacht und damit zur Schuldendeckung genutzt werden kann. So kann zum Beispiel ein Gebäude selbständig vermietet werden, auch wenn dieses nur zusammen mit dem Grundstück verkauft werden kann. Bekommt jemand eine Zahlung, um auf den Bau eines Gebäudes zu verzichten, damit auf dem Nachbargrundstück die gewünschte Baugenehmigung erteilt wird, haben wir die Verwertung eines bedingten Verzichts. Diese Zahlung wäre zu aktivieren und über die Dauer des Verzichts, im Zweifel die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Gebäudes auf dem Nachbargrundstück, abzuschreiben.⁹⁾

Prinzip der selbständigen Bewertbarkeit

Mit diesem Prinzip ist zu prüfen, inwieweit ein Nutzungsvorteil der Höhe nach eigenständig bewertbar ist. So ist zwar eine selbst aufgebaute Datenbank voller Daten oder auch ein Markenname eigenständig veräußerbar, jedoch ist deren Wert meist erst nach einer isolierten Veräußerung tatsächlich feststellbar, da diese Dinge sehr individuell sind. Werden sie aber bspw. im Rahmen eines Unternehmensverkaufs veräußert, ist deren Wert Bestandteil des Geschäfts- und Firmenwerts, ohne dass dessen Höhe genau beziffert werden kann.

Beim Prinzip der selbständigen Bewertbarkeit gilt auch wieder der Grundsatz, dass nicht der Gegenstand an sich, sondern dessen Nutzen abgebildet werden soll.⁴⁾ Daher reichen die Anschaffungs- und Herstellungskosten zur Bewertung allein nicht aus. Erst, wenn vom Markt eine Preisbestätigung erfolgt ist, wie bei Fertigwaren auf Lager, kann eine selbständige Bewertung erfolgen.¹⁰⁾ Hier reicht allerdings ein beobachtbarer Marktpreis aus. Die eigenen, produzierten Waren müssen noch nicht verkauft worden sein. Anzusetzen ist dann immer der niedrigere Wert von Herstellungskosten und Verkaufspreis. Eine selbst aufgebaute Datenbank wäre somit dann als Vorrat aktivierbar, wenn bspw. regelmäßig im Auftrag von Kunden solche Datenbanken zusammengestellt und verkauft werden. Wie auch schon bei der Greifbarkeit reicht bei der selbständigen Bewertbarkeit die Veräußerbarkeit mit dem gesamten Unternehmen aus. So sind zum Beispiel Fernverkehrs­konzessionen unternehmensgebunden und nicht veräußerbar. Im Rahmen eines Unternehmensverkaufs würde ein Käufer aber dieser Konzession einen Wert beimessen und diesen im Kaufpreis berücksichtigen. Über die vielfach ausgegebenen und damit von Dritten erworbenen, gleichen Konzessionen ist auch ein Marktpreis feststellbar. Dadurch ist hier eine selbständige Bewertbarkeit gegeben.¹¹⁾

Definition in der Schweiz in der Schweiz

In der Schweiz lehnt man sich an eine internationale Definition an. Danach muss man

  • über einen Vermögensgegenstand verfügen können,
  • ein Mittelzufluss muss wahrscheinlich sein und
  • der Wert muss verlässlich geschätzt werden können
(Art. 959 Satz 2 OR in der Schweiz).


¹⁾ BFH-Urteil vom 02.09.1988, III R 53/84,
RFH-Urteil vom 17.01.1908, VII 197/07
²⁾ BFH-Urteil vom 13.09.1988, VIII R 236/81
³⁾ BFH-Urteil vom 09.07.1986, I R 218/82
⁴⁾ RFH-Urteil vom 21.09.1927, VI A 383/27
⁵⁾ BFH-Urteil vom 28.01.1954, IV 255/53 U
⁶⁾ RFH-Urteil vom 21.10.1931, VI A 2002/29
⁷⁾ BFH-Urteil vom 26.02.1980, VIII R 80/77
⁸⁾ RFH-Urteil vom 26.09.1939, I 422/38
⁹⁾ BFH-Urteil vom 02.03.1970, GrS 1/69
¹⁰⁾ BFH-Urteil vom 09.10.1962, I 167/62 U,
BFH-Urteil vom 14.02.1978, VIII R 158/73
¹¹⁾ BFH-Urteil vom 10.08.1989, X R 176-177/87,
BFH-Urteil vom 23.11.1988, II R 209/82