Diese Frage wird oft und gern gestellt und häufig mit dem Satz: „Gemessen am Umsatz hat dieses Unternehmen viel zu viele Buchhalter.“ verknüpft. Wir versuchen hier nachfolgend einige Kenngrößen zur Orientierung anzugeben. Klare Benchmarks und Kennzahlen sind aber oft nicht zu finden, da die Unternehmen sehr unterschiedlich sein können und häufig falsche Vergleichswerte und Orientierungsgrößen gewählt werden.
Bei der Frage, wie viele Buchhalter ein Unternehmen benötigt, spielt die Ausstattung des Unternehmens mit Softwaresystemen und der Automatisierungsgrad der Prozesse eine wesentliche Rolle. So haben kleine Unternehmen mit weniger als 50 Millionen € Umsatz meist kein vollintegriertes ERP-System, wie SAP, im Einsatz, wenn sie nicht Teil eines größeren Konzerns sind. Darüber hinaus spielt die Frage nach der Prozessgestaltung vom Einkauf bis zur Rechnung eine wesentliche Rolle. Es macht einen wesentlichen Unterschied, ob bei allen Rechnungen, die die Buchhaltung erreichen, die Kontierung leicht ermittelbar ist bzw. bereits kontiert ist, inwieweit bspw. die Kostenstelle klar ist oder ob auch hier erst nachgefragt werden muss. Auch die Frage, ob alle Rechnungen vorher, zum Beispiel bei der Bestellung, bereits freigegeben wurden oder nicht, spielt hier eine Rolle. Es muss auch betrachtet werden, ob ein Unternehmen wenige Kunden mit Rechnungen mit hohen Beträgen oder viele Kunden mit Rechnungen mit kleinen Beträgen hat. Analog natürlich auch mit den Lieferanten.
Durch den Einblick in viele Unternehmen können wir folgende Richtgrößen für die Kreditorenbuchhaltung geben. Ein Vergleichansatz sind die Anzahl der zu verarbeitenden Rechnungen:
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Die hier angegebenen Benchmarks können aber nur Richtgrößen sein. Die Rechnungen beziehen sich zudem auf durchschnittliche, einfache Rechnungen. Bei hohen Datenanforderungen, also der Erfassung nach Kostenstellen, Materialnummern, Kundenaufträgen, Tourennummern, Projektnummern oder ähnlichen, kann bei einer Rechnung, die aus duzenden von Seiten besteht, die manuelle Erfassung einer Rechnung auch mal einen Tag dauern.
Eine weitere Richtgröße, wenn auch eine sehr ungenaue, kann der Umsatz des Unternehmens geben. Dabei zählt sowohl der externe als auch der konzerninterne Umsatz, da die eigentliche Größe bei dieser Maßzahl die Kosten sind und angenommen wird, dass die Kosten dem gesamten Umsatz entsprechen. Die Angabe hier kann aber nur der Orientierung dienen, da wesentliche Faktoren, wie Einbindung in einen Konzern, Ausstattungsgrad mit Softwaresystemen, Automatisierungsgrad, Anzahl der Kunden und weitere Faktoren nur angenommen werden können, jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Anzahl der benötigten Buchhalter haben.
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Steht die Information über die Anzahl der zu erfassenden Belege zur Verfügung, ist diese dem Vergleich zum Umsatz immer vorzuziehen.
Weitere Daumengrößen sind 500 bis 1 000 aktive Kunden je Debitorenbuchhalter und ½ Haupt- und Anlagenbuchhalter ab einer Größe von 20 Mill. € Umsatz bzw. 1 Haupt- und Anlagenbuchhalter ab 50 bis 100 Mill. € Umsatz. Auch hier benötigen bspw. anlagenintensive Unternehmen eher einen Haupt- und Anlagenbuchhalter als reine Dienstleistungsunternehmen.
Natürlich kann man in den verschiedenen Unternehmen auch mehr und weniger Buchhalter finden, als hier angegeben. Bei mehr Buchhaltern kann eine erhöhte Komplexität ein Grund sein. Ineffizienz wäre ein weiterer Grund. Eine geringere Anzahl kann für eine geringe Komplexität, bspw. nur ein Produkt und wenige Kunden, sprechen. Bei durchschnittlich komplexen Unternehmen muss man allerdings mit unterbesetzten Abteilungen und dann mit einem Ausgleich über die Arbeitsqualität und späteren Strafzahlungen bei der Steuerprüfung rechnen.
Der eine oder andere Manager fragt bei diesen Werten sicherlich, ob man die Buchführung nicht vielleicht doch auch mit weniger Leuten betreiben kann, denn so viele Buchhalter kosten halt auch entsprechend viel Geld. Aber ja, das geht. Gerade von jungen, unerfahrenen Vorgesetzten und fachfremden Beratern wird gern in Aussicht gestellt, die Anzahl der Buchhalter im Unternehmen könne weiter gesenkt werden, selbst wenn die Buchhaltung gemessen an der Unternehmensgröße soweit unterbesetzt ist, dass die Buchführung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben gar nicht mehr möglich ist. Allerdings ist die Frage, ob man mit weniger Buchhaltern auch auskommen kann oft mit der Frage vergleichbar, ob man auf einer Landstraße auch 150 km/h oder mehr fahren kann. Natürlich, da wo keine Kurven sind, geht das. Wenn man geblitzt oder sonst irgendwie von der Polizei erwischt wird, kann das allerdings ziemlich unangenehm werden. In der Buchhaltung ist das ähnlich.
Buchhaltungen können sehr lange unterbesetzt arbeiten, ohne dass irgendetwas kritisches passiert. Selbst bei nur halber Besetzung werden meist immer noch alle Lieferantenrechnungen beglichen. Auch Kundenrechnungen werden meist bezahlt und Mahnläufe regelmäßig durchgeführt. Die fehlenden Kapazitäten werden jedoch trotzdem durch reduzierte Arbeitsqualität sowie durch die Verletzung der Arbeitszeitgesetze ausgeglichen. Oft erhält das Unternehmen auch noch viele Jahre ein uneingeschränktes Testat vom Wirtschaftsprüfer. Für den gleichen Zeitraum können Betriebsprüfer aber auch schon im Prüfbericht anmerken: „Die Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung konnte nicht festgestellt werden.“ Sobald dann das erste eingeschränkte Testat vom Wirtschaftsprüfer folgt, sinkt die Kreditwürdigkeit des Unternehmens und Banken sind weniger bereit Darlehen zu vergeben und verlangen Risikozuschläge auf die Zinsen, natürlich in hübsche Bezeichnungen verpackt. Warenkreditversicherer senken die Versicherungssumme der offenen Rechnungen, wodurch Lieferanten die Zahlungsfristen verkürzen oder auf Vorkasse umstellen. Wenn dann die gesenkte Arbeitsqualität nach einigen Jahren vom Betriebsprüfer festgestellt wird, folgen Strafzahlungen von den Finanzbehörden. Diese haben auch kein Problem damit, Strafzahlungen in Höhen festzusetzen, die mehr als zehn Prozent eines Jahresumsatzes entsprechen, ggf. auch deutlich mehr. Die Schäden durch Unterbesetzung von Buchhaltungen erreichen immer wieder schnell Millionenbeträge. Für dieses Geld können viele Buchhalter über Jahre beschäftigt werden. Allein ein geahndeter Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz kostet in etwa ein halbes Buchhalterjahresgehalt. Unterbesetzung ist daher auch wirtschaftlich teuer und unternehmerisch gefährlich.