Oft wird bei der Frage nach der Erfahrung im Controlling oder in der Buchhaltung danach gefragt, ob diese in einem Dienstleistungs- oder einem produzierenden Unternehmen gesammelt wurde. Sucht man aber nach speziellem Dienstleistungs-Controlling oder nach Produktionsbuchführung, sucht man vergebens. Da stellt sich dann irgendwann die Frage: Gibt es einen Unterschied zwischen einem Dienstleistungs- und einem produzierenden Unternehmen?
Zunächst soll erst einmal die Frage nach dem Unterschied zwischen einer Dienstleistung und der Produktion aus allgemeiner Sicht geklärt werden. Produzierende Unternehmen stellen danach Waren her, die gelagert, gehandelt und transportiert werden können. Dienstleistungsunternehmen erbringen dagegen Leistungen, die im Allgemeinen sofort mit ihrer Entstehung verbraucht werden (Uno-actu-Prinzip). Oft wird auch argumentiert, dass Dienstleistungen immateriell sind. Nun stellt sich aber bspw. die Frage, was denn der Unterschied an einem Buch in gedruckter Form (materiell) und als eBook (immateriell) außer der Verpackung ist? Das Wesentliche an einem Buch ist schließlich der Inhalt, die Geschichte, der Text. Auch werden Leistungen wie Gutachten bspw. durch Wirtschaftsprüfer, Übersetzungen oder erstellte Webseiten in Dateiform aufbewahrt, also quasi gelagert und per E-Mail, USB-Stick, CD oder anderes, transportiert. Vielmehr müsste man die Frage stellen, ob Dienstleister, wie Produzenten von Musikdateien, Graphiken, Fotos oder Apps nicht vielleicht Lagerbestände in der Bilanz ausweisen müssen, die Dienstleistung also nicht eher eine Ware ist. Die Grenzen zwischen produzierten Waren und Dienstleistungen können also schnell verschwimmen und undeutlich werden, auch wenn in den meisten Fällen immer noch eine eindeutige Zuordnung möglich ist.
Ergeben sich aus dem Unterschied zwischen Dienstleistungen und Waren aber unterschiedliche Anforderungen an Buchhalter und Controller. Aus buchhalterischer Sicht ist die Frage recht schnell beantwortet: Eine kreditorische Rechnung ist bei einem Dienstleistungsunternehmen genauso zu verbuchen wie bei einem produzierenden Unternehmen. Bei debitorischen Rechnungen haben einige Dienstleister Laufzeiten für ihre Leistungen, bspw. bei der Vermietung von Lizenzen, Webspace oder Räumen oder bei Support- oder Wartungsleistungen für einen bestimmten Zeitraum. Dann sind passive Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, sofern es keine monatlichen Rechnungen gibt. Technische Anlagen werden aber bei Dienstleistern, wie bspw. bei der Bahn oder Energieversorgern, genauso aktiviert und abgeschrieben wie bei produzierenden Unternehmen. Auch haben Dienstleistungsunternehmen teilweise recht große Lager, wie die Post, Versandhändler oder auch Internet-Anbieter, die jedem Neukunden ein Modem zuschicken. Aber auch für Controller ergeben sich die Unterschiede weniger aus der Zuordnung des Unternehmens zu Dienstleistern oder Produzenten, als vielmehr zwischen den Branchen. So sind die eingekauften Daten, die bspw. ein Lieferant von Wetterberichten bei Betreibern von Wetterstationen und Wettersatelliten einkauft, mit Rohstoffen vergleichbar. Die dann erstellten Wetterberichte für Nachrichtenprogramme, Flughäfen oder Internet-Portale entsprechen den Produkten. Die Kalkulation von Preisen und die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Produkte erfolgt dann nach gleichen Regeln und Methoden, wie bei produzierenden Unternehmen.
Einen Unterschied in der Buchhaltung und im Controlling zwischen Dienstleistungs- und produzierenden Unternehmen sind also nicht feststellbar. Die Unterschiede ergeben sich vielmehr aus den unterschiedlichen Branchen. Ob Buchhalter und Controller ihre Berufserfahrung also bei einem Dienstleistungs- oder einem produzierenden Unternehmen gesammelt haben, ist also nicht von Belang.