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Referenzbeispiel zum Net Working Capital in verschiedenen Branchen

Viele Autoren lassen sich bei der Erläuterung des Net Working Capital dazu hinreissen, „ideale Werte“ für das Net Working Capital, bzw. die damit zusammenhängende Liquidität 3. Grades, anzugeben. Danach sollte, je nach Autor, das Working Capital positiv, aber maximal 20 % oder bei einigen auch 50 % der kurzfristigen Verbindlichkeiten betragen. Wieder andere sehen mindestens 20 % als sinnvolle Größe an. Ist das Working Capital negativ, werden kurzfristige Verbindlichkeiten nicht mehr durch kurzfristige Forderungen gedeckt und es kann als Folge bei schlechten wirtschaftlichen Situation der Bedarf an langfristigen Darlehen oder der Rückgriff auf das Anlagevermögen und damit auf die Substanz des Unternehmens notwendig sein. Ist das Working Capital zu hoch, ist im laufenden Geschäftsbetrieb viel Kapital gebunden und muss irgendwoher finanziert werden. Nachfolgend ist die Bilanz eines idealtypischen, produzierenden Unternehmens dargestellt:

Bilanz – idealtypisches Unternehmen:
Aktiva Passiva
Anlage­vermögen1 000
Umlauf­vermögen1 000
Vorräte350
Forderungen (LuL)200
sonstige Forderungen210
Zahlungsmittel240
  
Eigen­kapital400
Fremd­kapital1 600
Rück­stellungen350
Darlehen500
kfr. Verb. ggü. Kreditinstituten50
erhaltene Anzahlungen0
Verbindlichkeiten (LuL)100
sonstige Verbindlichkeiten600
2 0002 000

Gezeigt werden nur die relevanten Bilanz-Positionen. Das Unternehmen hat eine Produktionszeit vom Einkauf der Rohstoffe bis zum Verkauf der fertigen Waren von etwa drei Monaten. Dies entspricht einem produzierenden, mittelständigen Unternehmen ohne Lean Production oder optimierter Lieferprozesse mit den Lieferanten für Just in Time Production. Die Finanzierung ist ausgewogen ohne die Risiken rollierender Darlehen in Kauf zu nehmen. Untenstehend finden Sie die Gewinn- und Verlustrechnung. Hier ist ein leicht überdurchschnittlich hoher Umsatzerlöse zu sehen, mit einem durchschnittlichen, akzeptablen Jahresüberschuss.

Gewinn- und Verlustrechnung – idealtypisches Unternehmen:
+Umsatzerlöse2 400
+Bestands­veränderungen0
=betriebliche Leistung2 400
-Materialaufwand900
-Personalaufwand1 000
-andere Aufwendungen210
-Abschreibungen200
=Betriebsergebnis (EBIT)90
-Zinsen30
=Jahresüberschuss60

Betrachtet man die verschiedenen Kennzahlen, so sind diese in einer in Deutschland üblichen Größenordnung eines als gesund einzustufenden Unternehmens. Die Liquidität 3. Grades beträgt 133 % und würde somit von vielen Autoren als ideale Größe eingestuft werden. Die Umsatzrendite von 2,5 % ist recht niedrig, der Umsatz gemessen an der Bilanzsumme allerdings auch vergleichsweise hoch. Es ergibt sich weiter eine Gesamt­kapital­rendite von 4,5 %. Dies ist gemessen am Risiko eines Unternehmens in Ordnung, denn der Zinssatz für das Fremdkapital beträgt 5,5 %.

Kennzahlen:
Working Capital250
Net Working Capital10
Liquidität 3. Grades133 %
 
Eigenkapitalquote20 %
Eigenkapitalrendite15 %
Gesamtkapitalredite4,5 %
Umsatzrendite2,5 %

WC / Umlauf­vermögen25 %

Das Working Capital selbst würde einen leicht positiven Wert erreichen und etwa 25 % gemessen am Umlaufvermögen bzw. 33 % gemessen am kurzfristigen Fremdkapital betragen. Dieser Wert würde eine ausreichende Größe haben, mit der die kurzfristigen Forderungen die kurzfristigen Verbindlichkeiten überragen, damit auch in schwierigen Zeiten bei schwankenden Werten die kurzfristigen Forderungen weiter größer als die kurzfristigen Verbindlichkeiten bleiben. Damit besteht die Sicherheit, dass bei schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine langfristigen Darlehen bei Kapitalgebern aufgenommen werden müssen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten bezahlen zu können. Auch bleibt das Anlagevermögen und damit die Substanz des Unternehmens in Krisenzeiten verschont.