Mit der Liquidität 1. Grades, auch Barliquidität oder cash ratio genannt, wird die Fähigkeit eines Unternehmens beschrieben, in nächster Zeit fällige Zahlungen sofort zu tätigen. Dazu werden die liquiden Mittel, also Kassenbestände und Bankguthaben, ins Verhältnis zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gesetzt:
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Als Wert für die kurzfristigen Verbindlichkeiten werden im Regelfall Verbindlichkeiten mit einer Fälligkeit bzw. Restlaufzeit bis zu einem Jahr genommen. Dies sind in erster Linie erst einmal die offenen Rechnungen, die das Unternehmen für Lieferungen und Leistungen zu begleichen hat. Diese haben in der Regel eine Frist von 10 Tagen und werden üblicherweise innerhalb von 30 Tagen auch bezahlt. In vielen Unternehmen werden größere Anteile davon dann auch mit dem nächsten Zahllauf in den folgenden Tagen ausgeglichen. Vor dem Hintergrund passt auch der Vergleich zu Kasse und Bankguthaben. In dieser Position können aber auch größere langfristige Darlehen enthalten sein, die innerhalb des folgenden Jahres auslaufen. Dann bleibt unter Umständen bis zu einem Jahr Zeit, die dafür notwendigen Gelder einzunehmen oder ein neues Darlehen aufzunehmen, um das alte abzulösen. Die Bankkonten dürfen zudem oftmals auch negative Kontostände aufweisen. Dazu werden den Unternehmen entsprechende Kreditlinien eingeräumt, bis zu denen ein Konto ins Minus gehen darf. Bei der Betrachtung der Liquidität bleibt diese Möglichkeit aber unberücksichtigt. Eine solche Kreditlinie zählt auch nicht als liquide Mittel, obwohl dieser Betrag sofort zur Bezahlung von offenen Rechnungen und anderen Verpflichtungen genutzt werden könnte. Bei dieser Kennzahl kann es also zu größeren Verzerrungen kommen, die man aus dem Geschäftsbericht oder anderen Quellen unter Umständen gar nicht erkennen kann.
Da normalerweise auch noch Zahlungseingänge aus den kurzfristigen Forderungen zu erwarten sind, kann dieser Wert ruhig deutlich unter 100 % liegen. Häufige Angaben für den Zielwert der Liquidität 1. Grades sind 10 % bis 30 % oder auch mindestens 20 %. Diese Werte sind für die meisten Unternehmen auch recht gute Zielwerte. Sie sollten auch nicht allzuweit überschritten werden, da sonst Geldbeträge ungenutzt auf den Bankkonten verbleibt, die eigentlich auch angelegt werden könnten um Zinsen zu erwirtschaften oder investiert werden könnten, um die Produktion zu steigern oder teure, alte Anlagen durch günstige neue Anlagen zu ersetzen.
Allerdings sollte man bei der Betrachtung der Kennzahl auch bedenken, dass auch Unternehmen mit einer Liquidität 1. Grades von über 80 % zahlungsunfähig sein können, wenn bspw. in den nächsten Tagen ein großes Darlehen fällig ist und der Unternehmer kein neues mehr erhält oder wenn fasst alle offenen Positionen bspw. für Steuerzahlungen, eventuell auch noch nicht bezahlte Löhne & Gehälter oder auch Rechnungen, vielleicht sogar schon angemahnte, in den nächsten Tagen fällig werden oder gar schon fällig sind. Unternehmen mit einer Liquidität 1. Grades von nahe 0 % kann dagegen aber auch sehr solvent sein, wenn bspw. das Unternehmen auf den Firmenkonten einen entsprechend großen Kreditrahmen hat, über den die offenen Rechnungen und sonstigen Verbindlichkeiten erst einmal ausgeglichen werden können. Wenn dann kurz darauf bspw. ein Großkunde eine sehr hohe Rechnung bezahlt, kann das Bankkonto in kurzer Zeit sogar wieder einen positiven Betrag ausweisen. Auch muss ein Wert von deutlich über 30 % nicht unbedingt zu hoch sein, wenn beispielsweise in Kürze eine größere Investition getätigt werden soll.