Eine Grundlage für die Bewertung von Lagerbeständen ist das Einzelbewertungsprinzip. Danach sind alle Vermögensgegenstände, also alle Artikel und Stücke in einem Lager, einzeln zu bewerten. Die Bewertung von mehreren Vermögensgegenständen als Gruppe ist nicht bzw. nur bei Geringfügigkeit zulässig. So braucht natürlich nicht jede einzelne Schraube gezählt zu werden, die ohnehin zum Teil in kg gehandelt werden, größere Teile aber schon. Dies ergibt sich aus § 252 HGB ; § 201 Abs. 2 UGB bzw. Art. 960 Satz 1 OR . Der Wert, mit dem Lagerbestände anzusetzen sind, sind maximal die Anschaffungs- oder die Herstellungskosten (§ 253 Abs. 1 HGB ; § 203 ff. UGB bzw. Art. 960a Satz 1 OR ).
Die Anschaffungskosten sind die Aufwände, die für den Erwerb eines Vermögensgegenstandes zu tätigen sind. Dazu gehört erst einmal der Kaufpreis der Sache selbst. Zusätzlich können auch Transportkosten, Zollgebühren und ähnliches angesetzt werden. Ein Zwang dazu besteht aber nicht. Die Herstellungskosten sind die Kosten, die für die Produktion eines Gegenstandes anfallen. Dazu gehören neben dem Materialaufwand auch Kosten der Fertigung, wie bspw. Aufwendungen für technische Anlagen einschließlich der Abschreibungen, Löhne und Gehälter der Mitarbeiter in der Produktion, sowie technischer Teams und IT-Bereiche, sofern sie direkt die Produktion unterstützen, Aufwand für Fremdpersonal in der Produktion und Verwaltung der Produktion, wie bspw. die Personaleinsatzplanung, technische Verwaltung oder die Produktionsleitung mit Sekretärin und Stab. Grundsätzlich sind es alle Aufwendungen einer Produktionsstätte einschließlich der Gebäude und der Verwaltung der Produktionsstätte abzüglich der oft üblichen Overhead-Umlage. Nicht dazu gehören Forschung und Entwicklung, Marketing, Werbung, Vertrieb und die zentrale Verwaltung mit Buchhaltung, Personalverwaltung, Rechtsabteilung und ähnliches.
In der nachfolgenden Tabelle sind die verschiedenen Kostenkategorien aufgelistet, die verpflichtend, mit einem Wahlrecht oder gar nicht aufgenommen müssen bzw. dürfen. Damit ergeben sich Unter- und Obergrenzen für die Bewertung von Waren im Lager. Diese ergeben sich aus § 255 HGB bzw. § 203 UGB . Für die Schweiz gibt es keine Untergrenzen während die Obergrenzen mit denen des HGB vergleichbar sind. Wenn diese Grenzen aber einmal definiert werden, ist mit einer starken Orientierung an den Regeln des IFRS zu rechnen.
Kostenkategorie | HGB | UGB | IFRS |
---|---|---|---|
Materialaufwand, also Rohstoffe, Schmierstoffe, Kraftstoffe für Anlagen u. ä. | Pflicht | Pflicht | Pflicht |
Fertigungsmaterial, wie bspw. Formen in einer Gießerei | Pflicht | Pflicht | Pflicht |
Fertigungslöhne, also Löhne der Mitarbeiter in der Produktion | Pflicht | Pflicht | Pflicht |
Sondereinzelkosten der Fertigung, wie Spezialwerkzeuge, Modelle, Patente, Lizenzen, Labortests zur Qualitätskontrolle usw., die zur Produktion notwendig sind | Pflicht | Pflicht | Pflicht |
Materialgemeinkosten, wie bspw. Verpackung, Kosten der Lagerung bzw. des Lagers, aber auch Personalkosten für Mitarbeiter im Lager, Qualitätsprüfung und Logistik, wie auch Abschreibungen von Produktionsgebäuden und Lagerhallen | Pflicht | Wahlrecht | Pflicht |
Fertigungsgemeinkosten, wie bspw. für die Produktionsplanung, Personaleinsatzplanung, Qualitätskontrolle, Energiekosten, Löhne der Meister und technischer Angestellter u. a. | Pflicht | Wahlrecht | Pflicht |
freiwillige Sozialkosten, Aufwendungen für soziale Einrichtungen und für betriebliche Altersvorsorge, bspw. auch Kantinen, Sporträume, Betriebsärzte, Ausbildungsbereiche, sofern sie zum Produktionsbereich gerechnet werden können | Wahlrecht | Wahlrecht | Pflicht |
freiwillige Sozialkosten, Aufwendungen für soziale Einrichtungen und für betriebliche Altersvorsorge, bspw. auch Kantinen, Sporträume, Betriebsärzte, Ausbildungsbereiche, sofern sie nicht zum Produktionsbereich gerechnet werden können | Wahlrecht | Wahlrecht | Verbot |
zur Produktion zurechenbare allgemeine Verwaltungskosten, wie bspw. Einkauf für die Produktion, Controlling des Produktionsbereiches u. ä. | Wahlrecht | Verbot | Pflicht |
allgemeine Verwaltungskosten, die nicht der Produktion zugerechnet werden können, wie Buchhaltung, Abteilung für Faktura, Rechtsabteilung, Zentralcontrolling u. ä. | Wahlrecht | Verbot | Verbot |
Zinsen für Fremdkapital, das für die Herstellung des Vermögensgegenstandes aufgenommen wurde, wie z. B. im Flugzeug- oder Schiffbau | Wahlrecht | Wahlrecht | Pflicht |
außerplanmäßige Abschreibungen | Verbot | Verbot | Verbot |
Aufwendungen für Forschung und Entwicklung | Verbot | Verbot | Verbot |
Leerkosten, bspw. für leerstehende Gebäude, Löhne und Gehälter für Zeiten, in denen die Mitarbeiter nicht ausgelastet werden können | Verbot | Verbot | Verbot |
Aufwendungen für Vertrieb und Werbung | Verbot | Verbot | Verbot |
Mehrwertsteuer/ Umsatzsteuer | Verbot | Verbot | Verbot |
Die Waren im Lager sind bei Zugang zum Lager zu bewerten und einzeln zu erfassen. Dazu wird pro Artikel meist die Menge und der Preis notiert. Die Preise für einen Artikel können unterschiedlich sein, bspw. weil ich einen Artikel bei verschiedenen Herstellern beziehe, man unterschiedliche Mengen einkauft oder die Preise sich mit der Zeit geändert haben. Die unterschiedlichen Preise sind bei der Bewertung zu berücksichtigen. Dazu stehen verschiedene Methoden, wie der gewichtete Durchschnitt und Methode wie FiFo (First in, First out), LiFo (Last in, First out) und weitere zur Verfügung. Befindet sich ein Artikel im Bestand und sinkt der Wert, bspw. durch Beschädigung, Alterung oder Preisverfall am Markt, ist dieser auf den niedrigeren Wert abzuschreiben.